[:de]Dezember 2008 

Es gibt hier vor einem Dorf eine “alte Dame”, Kerstin wird sich natürlich an sie erinnern.Sie ist zwar erst 61 Jahre alt, aber aufgrund ihrer Lebensgeschichte deutlich älter. Sie ist eine Art persönliche “Freundin” von mir. Ich habe Anfang diesen Jahres dafür gesorgt, dass sie von SC endlich ihr neues Haus bekommt. Sie arbeitet so hart dafür, wirklich unvorstellbar diese Frau. Nun ist auch ihr Ansehen in dem dahinter liegenden Ort deutlich gestiegen. Durch den Kontakt mit mir und Kerstin Februar ist sie nun anerkannt und gilt nicht länger als die “komische alte Frau vor dem Dorf”. Natürlich habe ich sie besucht. Sie ist wie ausgewechselt und hat mir erzählt, dass sie unter unvorstellbaren Kopfschmerzen leidet.

Hier kurz nochmals ihre Geschichte: Zur Zeit der Khmer Rouge war sie eine junge Frau. Sie musste sich in einer Reihe aufstellen, eine Reihe vor einem Massengrab. Nachdem sie zugesehen hatte, wie alle ihre wichtigen Menschen, Mutter, Vater, Geschwister, Nachbarn und Freunde einer nach dem anderen erschlagen wurden, war sie nun an der Reihe. Sie war die Letzte an diesem Nachmittag. Der Mann, der vorne den Menschen den Schädel einschlug, war müde geworden (ihre eigenen Worte) und schlug ihr nicht fest genug mit dem Knüppel auf den Kopf. So fiel sie in das Massengrab, war aber nicht tot. Damit nicht versehentlich doch jemand in dem Grab überlebt, wurde noch eine sehr sehr giftige Chemikalie über die Körper gestreut, auch davon blieb sie verschont. In der Nacht kam sie zu sich und konnte aus der Grube kriechen. Soviel dazu. Seither lebt sie als die “komische alte Frau” alleine vor dem Dorf.

Es ist “mein” erstes Projekt und nach der Geschichte packe ich sie mir kurzerhand auf das Moped und fahre mit ihr in die kleine Provinzstadt Pursat. Es muss doch möglich sein, ihr zu helfen.

Als erstes suche und finde ich den einzigen Arzt mit Röntgenmöglichkeit. Ich lasse den Schädel röntgen und gleich auch mal das Blut kontrollieren. Glücklicherweise stellt sich heraus, dass der Schädel o.k. ist und wir wissen, welche Medikamente die Blutzusammensetzung verbessern würden. Vor allem aber ist die stetige Angst weg, dass sie einen gebrochenen Schädel hat.

Da die Kopfschmerzen glücklicherweise nicht von einem zertrümmerten Schädel herrühren, überlege ich, waran es noch liegen könnte. Klar, vermutlich kann sie schlecht sehen und die Augen sind so stetig überanstrengt. Ich lasse die Augen kurzerhand untersuchen und kümmere mich um eine unzerbrechliche Brille. Sie kann erstmalig seit zwanzig Jahren richtig sehen und die ständigen Kopfschmerzen sind weg, bei -6,1 Dioptrien auch wirklich kein Wunder.Jetzt fehlt eigentlich nur noch einwenig Mobilität und die alte Dame kann ihr Gemüse auch auch auf den Markt bringen und so für ihren Lebensunterhalt selber sorgen. Gedacht, getan, ein Fahrrad für $ 50,- und los geht es in die Zukunft.
Dann noch eine kleine technische Änderung in der Hütte. Eine Batterie und zwei 12 Volt Lampen sind schnell besorgt, nun hat sie Licht in Ihrer Hütte und kocht gegen Bezahlung Suppe. Diese kann man sogar nach Einbruch der Dunkelheit noch vor Ihrer Hütte essen, zwar auf dem Boden, aber dennoch.

Resultat: Die Dame hat wieder ein Leben, ist akzeptiert und hungert nicht mehr. Sie versorgt sich selber und ist ein geniales Vorbild für alle Dorfbewohner.

 

Ausgaben

Material Kosten/$
Röntgen und Medizin 32,00
Augenuntersuchung und eine unzerbrechliche Brille 35,00
Fahrrad mit Körbchen 50,00
Batterie und zwei 12 Volt Lampen 56,00
Gesamt 173,00

 

Februar 2010:

  Der erste Auftrag ist klar: Besuch und Begutachtung einiger der letztjährigen Projekte, die alle hier um Pursat stattgefunden haben. Wir wollen lernen, welche Aktionen auf Dauer welchen Effekt haben. Bei ihrem Weg raus aus dem totalen Desaster wollen wir die ein oder andere Familie weiter begleiten. Also besuchen wir erst einmal unser „ältestes“ Projekt: meine „old Lady“ vor Monk Village. Sie hat ihren Status gehalten und arbeitet bei unserer Ankunft verbissen an ihrem zweiten kleinen Teich, gleich vor der Hütte. Unser Engagement im letzten Jahr hat voll gegriffen. Sie ist fleißig und gut drauf. Unsere Batterie vom letzten Jahr hat scheinbar ihre Arbeit eingestellt, es müsste eine Neue her. Endru hat eine gute Idee.

Er hat bei unserer Hinreise ein kleines Solarpanel mit Lampe und Radio gesehen. Das Ding würde, ohne die lästigen und kostenpflichtigen Ladeprozeduren, abends 2-3 Stunden Licht und Unterhaltung bringen.

Das Abendgeschäft vor der Hütte könnte damit wieder anlaufen, die old Lady kocht nämlich für vorbeigehende Leute Suppe aus dem Gemüse ihres neuen Gartens und dem Fisch aus ihrem neuen kleinen Teich. Traditionell sitzen die Leute dabei gerne auf dem Tisch vor der Hütte, den wir also auch noch besorgen werden. Einmal die Woche fährt ein Auto durch die Stadt, da werden solche Sachen günstig angeboten. Mr. Siep, unser Projekt 7, wird dieses Auto abpassen und der old Lady diesen Tisch besorgen und aufstellen. Ihr größtes Problem stellen allerdings die überall frei umherlaufenden Kühe und Wasserbüffel dar. Eine einzige Kuh frisst das komplette Gemüse in einem Rutsch auf. Einmal nicht aufgepasst – Riesenproblem. Also haben wir uns für einen simplen Zaun entschieden.

Auch hier muss Mr. Siep das Projekt nach unserer Abreise weiter begleiten. Wir kaufen noch alles nötige Material, aber er muss die Montage organisieren. Er ist stolz uns helfen zu dürfen.

Fazit: Alles in allem ist unsere old Lady weiter auf ihrem guten Weg, auf den wir sie im Dezember 2008 gebracht haben. Mit der kleinen Hilfe dieses Jahr, einwenig Medizin und dem Versprechen, dass wir nächstes Jahr wieder nach ihr schauen, wird sie auch weiter ihren Weg machen. Klasse!

Ausgaben

Material Kosten/$
Solar Lampe 40,00
Schloss und Kette 2,63
Medizin 10,72
Tisch und Sitzbank 30,00
Zaun 85,00
Gesamt 122,53

Weitere Bilder

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