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Er hat keine Füße und nur eine Hand …

Während unserer Arbeit auf dem Nachbargrundstück fällt uns ein kleiner Junge auf, der mit den vielen anderen Kindern spielt, sich aber irgendwie doch anders bewegt und sich etwas mehr in Zurückhaltung übt.

Als wir in den Projekten 72-12 und 73-12 soweit durch sind, möchte ich vor unserer Abfahrt der Sache doch auf den Grund gehen und nähere mich der desolaten Hütte, in der dieser kleine Junge scheinbar wohnt. Als ich näher komme sehe ich den Grund für seine doch auffällige Art zu laufen: Er hat keinerlei Füße und nur eine Hand. Wie sich später heraus stellt ist Vichicah erst 5 Jahre alt und so geboren worden. Er hat tatsächlich laufen gelernt – ohne Füße!

Seine Mutter ist zurückhaltend aber sichtlich stolz auf ihren kleinen Sohn. Sie ist schwanger und das in den letzten Zügen. Wir sprechen mit ihr und, obwohl sie natürlich mitbekommen hat, dass wir sowohl der obdachlosen Frau, als auch der Widwe nebenan geholfen haben, macht sie keinerlei Anstalten, uns um Hilfe zu bitten. Die Hütte der noch kleinen Familie ist in einem wirklich desolaten Zustand. Die Wände teilweise offen oder mit alten Plastiktüten zugehangen. Der Boden weist Löcher auf, in die meine Schuhgröße 44 locker hineinpasst. Wie macht es nur Vichicah mit

seinen Fußstümpfen!? Dazu noch die hochschwangere Mutter und in kurzer Zeit auch noch ein Baby ….. wir müssen etwas tun.

Der erste und spontane Entschluss gilt Vichicah. Wir wollen und werden einen oder mehrere Paten für ihn finden. Noch ist er klein und leicht und kann auf

Das “Zuhause” der Familie – ein Disaster

Das “Zuhause” der Familie – ein Disaster

seinen Fußstümpfen „laufen“. Aber bald ist er groß und schwerer und wird niemals seinen Lebensunterhalt selber verdienen können, jedenfalls nicht mit seinen Händen und Füßen. Hier in dieser unwegsamen Gegend, ohne Füße und nur mit nur einer Hand – keine Chance. Mehr dazu in dem Projekt P 87-12.

Der zweite Entschluss gilt dem Rest der Familie und natürlich der bevorstehenden Geburt. Wir sorgen für einen neuen Boden ohne große Löcher, ein Moskitonetz für das Baby und ein großes Netz für Vichicah und seine Eltern. Für die nun kommende Zeit der Niederkunft 50 Kg Reis, für saubereres Trinkwasser einen Bio-Sand-Filter und einige grundlegende Utensilien wie Töpfe, Teller, Becher, Gabeln und Messer.

Wir möchten mehr über Vichicah und seine Eltern erfahren und laden auch sie zu einem Abendessen in das einzige Restaurant in Banan ein. Natürlich ist es für sie das erste Mal, dass sie in ein Restaurant gehen und essen und trinken dürfen, was und soviel sie wollen. Es wurde ein ganz ganz besonderer Abend für uns alle ! 😛

Zwillinge in Steißlage – normalerweise ein Todesurteil für alle Beteiligten !

superhochschwanger (was wir noch nicht wissen, es sind Zwillinge)

superhochschwanger (was wir noch nicht wissen, es sind Zwillinge)

Einige Tage später erreicht Mr. Bong ein abendlicher Anruf. Die Mutter von Vichicahs liegt in den Wehen, aber größte Gefahr droht! – Steißlage. Da die Kinder in Kambodscha natürlich zu Hause auf die Welt kommen, weder ein Arzt, noch saubere Handtücher oder gar sauberes Wasser zur Verfügung stehen, geht eine Steißgeburt hier oft für Mutter und Kind(er) tödlich aus. Bong und ich setzen uns sofort in Bewegung und fahren zu der hoch schwangeren Frau, deren Fruchtblase bereits geplatzt ist. Ich bekomme Angst, in die Situation draussen, mitten auf dem Land wollte ich nicht kommen. Ich veranlasse sofort, einen Krankenwagen in diese unwegsame Gegend zu ordern, auch wenn dieser vielleicht zu spät kommen sollte. Wir kümmern uns um die Frau und versuchen sie ein wenig zu beruhigen. Derweil wird Bong in einen anderen Raum geholt. Dort liegt eine Frau, aus für uns nicht nachvollziehbaren Gründen bewusstlos, in einer Art Schockzustand – das auch noch.

Der Krankenwagen ist schneller da, als ich gedacht hatte, oder ich habe das Zeitgefühl verloren.

Kurzerhand schieben wir die bewußtlose Frau zusammen mit Vichicahs Mutter in den Rettungswagen. Die Fahrt geht geradewegs ins staatliche Krankenhaus in das 17 Km entfernte Battambang.

… kurz drauf ein Anruf. Das staatliche Krankenhaus kümmert sich zwar um die Frau im Schockzustand, aber sie fühlen sich nicht im Stande die Steißgeburt durchzuführen, denn : Es sind Zwillinge in Steißlage ! Auh Mann, das auch noch 😯

O.K., kurz überlegt und schnell entschieden: Weitertransport in die private Klinik, in der wir inzwischen beste Kunden sind. Ich gebe am Telefon Kostendeckung, denn wir retten gerade gleich drei Leben. Kosten : $ 480,- … sch..egal.

Etwa drei Stunden später dann der erlösende Anruf, gesunde Zwillinge, gesunde Mutter und der extrem stark behinderte Vichicah wird nicht zusätzlich auch noch ein Waise!

die Zwillinge, geschützt vor Moskitos :)

die Zwillinge, geschützt vor Moskitos 🙂

Fazit: Zu schön um wahr zu sein! Drei Leben gerettet und Vichicahs Zukunft bekommen wir auch noch hin! Zumindest hat er nicht auch noch seine Mutter verloren.

Youtube die Dia-Show

einzelne Bilder hochauflösend hier

Mittelverwendung:

Kostenstelle in $ und in €

Rettungswagen nach Battambang: $ 15,00; € 11,55
50 Kg Reis: $ 24,00; € 18,48
Küchenset/Hausutensilien: $ 15,00; € 11,55
Boden in der Hütte: $ 50,00; € 38,50
Steißgeburt Zwillinge: $ 480;  € 369,60
Bio-Sand-Filter: $ 30,00; € 23,10
Gemeinschaftsdinner: $ 50,00; € 38,50

Summe: € 522,83

Wir senden alle Infos über Vichicah zu Ingrid und Martin, die uns mal auf ein Patenkind angesprochen hatten.

Bereits nach wenigen Tagen dann auch noch das: Die beiden, zusammen mit ihrer Freundin Regine werden Vichicahs Paten! Was für ein positiver Wahnsinn! Wir alle sind sehr sehr glücklich. Danke Ingrid, Regine und Martin, danke Mr. Bong, danke kleine Hilfsaktion, danke Euch, dass ich das erleben durfte 😀 Roland[:]