Kambodscha, Kandieng – Srae Sdok / Floating Villages – Nach einer Woche in Laos, in der wir das Land, die Infrastruktur und Netzwerke erkundet haben und viele Kilometer gefahren sind, sind wir nun in Kambodscha zu unseren persönlichen Nothilfeprojekten. In fünf Gruppen aufgeteilt, verteilen wir uns bei der ersten Station in Pursat. Zwei unserer Gruppen fahren einige Kilometer Richtung Tonlé Sap und dort mit Booten in die Floating Villages von Kandieng.
Gemeinsam mit Nicole, Udo, David, einem Englischlehrer der KSS und einem Offiziellen geht es nun zu unseren Familien, die wir unterstützen dürfen.

Nothilfeprojekte auf dem Wasser sind noch einmal eine ganz andere Erfahrung. Leben auf einem Boot ohne Leitungswasser, Gasanschluss, Internet oder allem, was wir als Standard erwarten.
Die Dorfbewohner sind ethnische Vietnamesen und Cham. Sie kamen ursprünglich nach Kambodscha, um während des französischen Protektorats zu arbeiten. Nach der Machtübernahme der Roten Khmer wurden viele getötet oder zurück nach Vietnam deportiert. Ohne die Bescheinigung, die ihre kambodschanische Identität nachweist, gelten sie als staatenlose Migranten und können daher kein Land kaufen.

Viele Dorfbewohner verdienen ihren Lebensunterhalt mit dem Fischen. Eine Familie besteht aus etwa 4–5 Mitgliedern und die verschiedenen Generationen leben meist nahe beieinander. Die meisten Häuser sind auf hohen Stelzen gebaut oder schwimmen auf Bambusflößen und Fässern. Es ist eine eigene kleine Infrastruktur die hier  erschaffen wurde.

Auch bei der Familie, die ich unterstützen darf. Die Familie besteht aus den Eltern, wobei der Vater bei unserer Ankunft nicht da ist, und drei Kindern. Ein Neffe sitzt ebenfalls auf dem Boot.
Das Haus ist sehr offen und es fehlen Wände, teilweise ist das Dach undicht. Nur das Holz des Bodens ist gut, muss nur an einigen Stellen neu befestigt werden.
Das größte Leid dieser Familie sind die Krankheiten der zwei Söhne, wobei besonders der älteste Sohne (13) betroffen ist. Er ist lediglich in der Lage sich sitzend fortzubewegen, hat immer wieder Anfälle und Spastiken und schlägt vermehrt vorn über und mit dem Kopf auf den Boden. Speichel und Urin kann er nicht halten und niemals das Haus verlassen. Sein kleiner Bruder ist ebenfalls betroffen, allerdings in etwas milderer Form und er bewegt sich teilweise gehend fort. Die mittlere Schwester ist gesund und kommt nur fünf Tage nach unserem Besuch in die Schule. Medizinisch können wir hier leider nichts machen, was wir direkt vor Ort mit unserem Dr. Dirk Boerner abgeklärt haben. Nur die Begleiterscheinungen durch das ständige Sitzen können wir lindern, in dem wir die Wunden versorgen lassen und für einen weicheren Untergrund mit Matten und einem Sitzkissen sorgen.

Das Haus muss dringend für die nächste Regenzeit aufgerüstet werden, damit nicht alles immer nass ist. Wenn der Regen so stark fällt, schlägt er durch die offenen Wände und Löcher in dem Dach durch. Daher können wir mit 24 Blechen helfen und auch das Haus auf dem Floß muss mit fünf weiteren Fässern angehoben und die Bodenbretter durch neue Nägel repariert werden. Da die Familie aktuell das Wasser trinkt, welches sie auch zur Toilette benutzen, starten wir sie mit zwei blauen Tonnen aus, in die jeweils 60 Liter gefiltertes Wasser passen. Für die Kinder kaufen wir neue Kleidung und für das Mädchen eine Schuluniform, einen Rucksack und das Schulmaterial.
Für den ältestes Sohn können wir leider nicht mehr machen, um ihm das sitzen im Haus bequemer zu machen und seine dadurch entstehenden Wunden zu heilen.

Trotz allem wirkt die Familie so glücklich und hat einen schönen Umgang miteinander. Besonders die drei Kinder untereinander, die direkt gemeinsam mit den mitgebrachten Kuscheltieren spielen.

Verfasserin: Kathrin Krabbe